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Warum in Irsching ein drittes Gaskraftwerk gebaut wird

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Düsseldorf, Bayreuth – Uniper wird in Irsching bei Ingolstadt ein neues Gaskraftwerk bauen. Das erscheint auf den ersten Blick paradox, da das Unternehmen am Standort bereits Miteigner von zwei modernen Gaskraftwerken ist, diese jedoch bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur vorläufigen Stilllegung angezeigt hat.

Die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sieht mit Blick auf den Atomausstieg und den laufenden Netzausbau zur Sicherstellung der Stromversorgung „besondere netztechnische Betriebsmittel“ vor. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung wird Uniper im bayerischen Irsching ein Kraftwerk dieser Kategorie bauen.

Neubau des dritten Gaskraftwerks in Irsching als Sicherheitspuffer - Kraftwerk nicht für den Strommarkt

Ende Juni 2018 hat Tennet gemeinsam mit den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) Amprion und TransnetBW insgesamt 1.200 Megawatt (MW) Kapazität für „besondere netztechnische Betriebsmittel“ nach § 11 Abs. 3 EnWG europaweit und technologieoffen ausgeschrieben. Für vier Regionen im Süden Deutschlands werden im Rahmen der Ausschreibung jeweils 300 MW Kraftwerks-Kapazität vergeben.

Als erster ÜNB hat Tennet für die Region südliches Bayern den Zuschlag erteilt, Auftragnehmer ist Uniper. Uniper wird in Irsching bei Ingolstadt ein Gaskraftwerk mit einer Kapazität von 300 MW bauen und später auch betreiben. Das Kraftwerk soll ab dem 1. Oktober 2022 in besonderen Notsituationen als „Sicherheitspuffer“ in der Stromversorgung bereitstehen. Als „besonderes netztechnisches Betriebsmittel“ wird es dem Markt nicht zur Verfügung stehen, sondern nur kurzfristig einspringen, wenn die Systemsicherheit gefährdet sein sollte. Das Kraftwerk soll gemäß Ausschreibung für zehn Jahre bereitstehen. Weder in diesem Zeitraum noch danach darf das Kraftwerk nach Angaben von Tennet am europäischen Strommarkt teilnehmen.

Bestehende Gaskraftwerke in Irsching sind zur Stilllegung angezeigt

Uniper betreibt am Standort Irsching bereits mehrere Kraftwerksblöcke. Das Kraftwerk Ulrich Hartmann (Irsching 4, 561 MW) ging 2011 in Betrieb und ist mit einem Wirkungsgrad von 60,4 Prozent eine der effizientesten GuD-Anlagen weltweit. Block 5 (ebenfalls GuD, 846 MW) wurde 2010 in Betrieb genommen und ist mit einem Wirkungsgrad von 59,7 Prozent ebenfalls eine der modernsten GuD-Anlagen Europas. Neben Uniper (50,2 Prozent der Anteile) sind N-ERGIE (25,2 Prozent), Mainova (15,6 Prozent) und ENTEGA (9 Prozent) an Irsching 5 beteiligt.
Irsching 4 und 5 werden aktuell im Rahmen der sogenannten Netzreserveverordnung betrieben. Da sie aus Sicht der Eigner in diesem Rahmen nicht profitabel betrieben werden können, wurden die beiden Blöcke zur Stilllegung bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) angezeigt. Die BNetzA stuft beide Kraftwerke jedoch als systemrelevant ein, so dass eine Stilllegung aus Sicht der Bundesnetzagentur derzeit nicht möglich ist.

Neben Irsching 4 und 5 betreibt Uniper vor Ort noch dem ölbefeuerten Block 3 (415 MW), der bereits 2012 endgültig stillgelegt werden sollte. Aufgrund der Netzsituation in Süddeutschland wird die Anlage seitdem als Reserve für den Netzbetreiber Tennet vorgehalten.

Hintergrund zu den „besonderen netztechnischen Betriebsmitteln“

Mit Blick auf den Atomenergieausstieg (Datum sicher) und den derzeit laufenden Netzausbau (unsicher) im Zuge der Energiewende hat der Gesetzgeber in Paragraph 11 Abs. 3 Energiewirtschaftsgesetz (§ 11 Abs. 3 EnWG) im Rahmen der Verabschiedung des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes vorsichtshalber die „besonderen netztechnischen Betriebsmittel“ eingeführt. Diese sollen als Sicherheitspuffer die Stromversorgung in besonderen Notsituationen (bspw. wenn der Netzausbau nicht planmäßig umgesetzt wird und Leitungen fehlen) sicherstellen. Die Kosten für die besonderen netztechnischen Betriebsmittel können von den Übertragungsnetzbetreibern im Zuge der Netzentgelte vorbehaltlich der Prüfung durch die BNetzA umgelegt werden.


© IWR, 2019


28.01.2019

 



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